MWe 26. November 2024 8 minutes

smart materials Summit 2024

Intelligente Materialien haben sich in der Industrie längst etabliert. Zu Recht, denn ihre Anwendungsfelder sind vielfältig und sie bieten ein enormes Potenzial für unternehmerischen Erfolg. In einigen Branchen ist der große Durchbruch bereits geschafft, in anderen steht er kurz bevor. Auf dem smart materials Summit wurden nicht nur die bisherigen Entwicklungen auf den Prüfstand gestellt, sondern auch ein Blick in die Zukunft geworfen.

Schon heute ist klar: An smart materials führt langfristig kein Weg vorbei. Das zeigten eindrucksvoll die insgesamt 16 Speaker:innen, die am 7. und 8. November 2024 in Saarbrücken individuelle Einblicke in ihre tägliche Arbeit gaben. Wie bei Jahresveranstaltungen von smart3 üblich, folgten den Keynotes spannende Diskussionen über die Zukunft intelligenter Materialien. Der Tenor war dabei stets der gleiche: Um diesen Technologien zum Durchbruch zu verhelfen, ist Zusammenarbeit gefragt. So ging es in den zahllosen bilateralen Gesprächen auch darum, Netzwerke aufzubauen, auszubauen und zu pflegen. Zudem haben sich zwischen vielen Teilnehmenden über die Jahre mittlerweile auch Freundschaften gebildet, die die Einzigartigkeit der smart materials-Community unterstreichen. Dazu trägt nicht zuletzt die Bandbreite der Mitglieder des smart3 e.V. bei, die an beiden Tagen mit Beiträgen zum Erfolg des Summits beitrugen.

Von den Anfängen der smart materials bis zur intelligenten Kühlung – smart materials Summit Tag 1

Eröffnung des smart materials Summit 2024 durch Holger Kunze (li.) und Prof. Paul Motzki (re.); © Sascha Linke

Bereits vor der eigentlichen Veranstaltung lud das Team der Geschäftsstelle Dresden am Vorabend zu einem lockeren Austausch. Mitten in der Saarbrücker Innenstadt wurden bei regionalen Spezialitäten das Wiedersehen gefeiert und der Austausch gepflegt, aber auch neue Kontakte geknüpft. Bereits wenige Stunden später startete der erste Veranstaltungstag, der ein spannendes und volles Programm versprach. Die ersten der rund 50 Teilnehmenden fanden sich schon kurz nach acht Uhr im ZeMA – Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik ein. Pünktlich um neun Uhr eröffneten dann Holger Kunze (Vorstandsvorsitzender smart3 e.V.) und Prof. Paul Motzki (Mitglied des Vorstandes smart3 e.V.) den smart materials Summit 2024.

Ein Vormittag voller Inputs rund um smart materials

In die Sessions startete Dr. Kenny Pagel (Fraunhofer IWU), der in seiner Keynote einen historischen Überblick über die bisher entwickelten Systeme gab und insbesondere auf Probleme, Fallstricke und Besonderheiten einging. Ihm folgte Dr. Marcel Gültig (memetis GmbH), der die Relevanz von auf Flachformmaterialien basierenden Formgedächtnisaktoren für Weltraumanwendungen verdeutlichte. Eine ganz besondere Präsentation, weil musikalisch passend untermalt, hielt Dr. Thorsten Pretsch (Fraunhofer IAP) über den aktuellen Stand der Formgedächtnispolymerforschung. Dr. Markus Laufenberg (ETO Gruppe) gab in seiner Keynote ein spannendes Update zu Magnetischen Formgedächtnismaterialien. Als letzter Speaker vor der Mittagspause zog Prof. Dr. Pascal Nicolay (CiSMAT / FH Kärnten (A)) das Publikum mit seiner Keynote über in Beton eingebettete Sensoren in den Bann.

Gut gestärkt widmete sich der zweite Teil des ersten Tages zunächst den kalorischen Werkstoffen. MSc. Applied Physics Sabrina Unmüßig (Fraunhofer IPM) widmete sich in ihrer Session der Magnetokalorik; Prof. Dr. Stefan Seelecke (Universität des Saarlandes) der Elastokalorik und Jun.-Prof. Dr. Stefan Mönch (Universität Stuttgart) der Elektrokalorik. Was alle drei Keynotes verband: Sie zeigten auf, welche Möglichkeiten smart materials zum intelligenten Kühlen und Heizen bieten können. Angesichts des Klimawandels und seiner Folgen gehört dieses Themenfeld zu denen, von denen man in Zukunft sicher öfter hören wird.

Eröffnung der smart3-Zweigstelle

Eröffnung der smart3-Zweigstelle Saarbrücken durch Holger Kunze (li.), Dr. Sophie Nalbach (mi.) und Prof. Paul Motzki (re.); © Sascha Linke

Ein besonderes Highlight stand nach der wohlverdienten Kaffeepause auf dem Programm. Direkt im Anschluss daran eröffneten Holger Kunze, Dr. Sophie Nalbach und Prof. Paul Motzki feierlich die erste Zweigstelle des smart3 e.V. Mit der symbolischen Übergabe eines magentafarbenen und damit sehr auffälligen Briefkastens war auch das offene Geheimnis darum gelüftet, warum der smart materials Summit 2024 in Saarbrücken stattfand. Der Standort war vom Vorstand bewusst gewählt worden, da sich hier ein Hotspot zahlreicher Akteure der internationalen smart materials-Community befindet. Ab sofort gibt es also eine weitere Anlaufstelle für alle, die sich mit intelligenten Materialien auseinandersetzen oder beabsichtigen, dies zukünftig zu tun.

Ein Nachmittag im Zeichen des Blicks über den Tellerrand

Den dritten Teil des ersten Tages eröffnete Dr. Alexander Czechowicz (Johnson Electric), der in seiner Keynote Anforderungen, Beispiele und Herausforderungen aus Sicht der Industrie aufzeigte. Ihm folgte – aus terminlichen Gründen online zugeschaltet – Dr. Juliane Thielsch (Fraunhofer IWU). Sie zeigte in ihrem Vortrag das Potenzial der additiven Verarbeitung von Nickel-Titan-Legierungen mittels Laser Powder Bed Fusion auf. Thematisch schloss ihr Nachfolger, Dr. Max Kaiser (Leibniz-Institut IVW), direkt an und stellte dem interessierten Publikum Anwendungen von formadaptiven Hybridverbunden mit Formgedächtnislegierungen vor. Den letzten fachlichen Input des Tages lieferte Dr. Jannis Nicolas Lemke (BioActiveMetals), der in seinem Vortrag auf die wesentlichen technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen und Hürden einging, die einer nachhaltigen Produktion smarter Legierungen über den Labormaßstab hinaus im Wege stehen. Mit einem kurzen Austausch in den smart3-Themenkreisen sowie einer Führung durch das ZeMA schloss der offizielle Teil des ersten Veranstaltungstages.

Ein Abend in Gemeinschaft

Im Jules Verne, einem urigen Saarbrücker Restaurant, fand das offizielle Aftershow-Dinner statt. In gewohnt lockerer Atmosphäre wurden Gedanken zum bisherigen Tag ausgetauscht und weiter diskutiert. Vor allem aber wurde die Gemeinschaft gefeiert, die allerdings nochmals gefordert war. Denn alle Teilnehmenden des Dinners hatten die Chance, einen Gutschein für einen „Inhouse Cross Innovation-Workshop“ zu gewinnen. Ganz im Stile eines Kneipenquiz‘ mussten dazu Teams gebildet und mittels Schwarmintelligenz zehn teils knifflige Fragen rund um smart3 beantwortet werden. Gewinner wurde, wer am schnellsten die meisten richtigen Antworten lieferte. In einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen setzte sich letztlich das Team von mateligent durch und darf sich nun auf einen besonderen Workshop im Jahr 2025 freuen.

Von Elastomeren bis ins Weltall – smart materials Summit Tag 2

Panel-Diskussion mit Prof. Paul Motzki (Moderation), Dr. Sven Langbein, Prof. Dr. Stefan Seelecke,
Felix Motzki, Dr. Markus Laufenberg, Holger Kunze (v.l.n.r.); © Sascha Linke

Auch der zweite Veranstaltungstag des smart materials Summit 2024 versprach spannend zu werden. Als Veranstaltungsort wählte das Organisationsteam diesmal das Innovation Center auf dem Campus der Universität des Saarlandes aus. Hier, im mehr oder weniger offenen Hörsaal, konnten die Teilnehmenden abermals spannenden Vorträgen lauschen. Den Anfang machte Prof. Dr.-Ing. Jürgen Maas (TU Berlin), der auf unterhaltsame Weise einen Einblick in die Thematik der „Dielectric Elastomer Transducers“ bot. Über die industrielle Entwicklung von Dielektrischen Elastomersensoren und ihre Anwendung in Zukunftsfeldern berichtete anschließend Andreas Meyer (mateligent iDEAS) – somit war bereits nach zwei Sessions der Bogen von der Theorie in die Praxis gespannt.

Der nächste Themenblock stand ganz unter dem Zeichen der modernen Raumfahrt (NewSpace). Den Anfang machte Felix Motzki (Reflex Aerospace), der in seiner Keynote einen Einblick in die moderne Satellitenfertigung und die Unterschiede zur bisherigen Vorgehensweise gab. Dass smart materials im NewSpace ihre Relevanz haben, zeigte Dr. Sven Langbein (Lamb Space Tec), der in seinem Vortrag nicht nur den bisherigen Weg seines neu gegründeten Unternehmens nachzeichnete, sondern auch einen Ausblick in die Zukunft gab. Besonders beeindruckend war dabei, dass bereits in einigen Monaten eine Mission starten soll, bei der sich die ersten Produkte auf den Weg ins All machen werden.

Zum Abschluss des Vormittags gab es unter der Moderation von Prof. Paul Motzki eine angeregte Panel-Diskussion zwischen Dr. Sven Langbein, Prof. Dr. Stefan Seelecke, Felix Motzki, Dr. Markus Laufenberg, und Holger Kunze. Ihre Resümee: Auch weiterhin ist es notwendig, für smart materials zu werben, um deren großflächige Nutzung voranzutreiben. Zum einen, weil Anwendungsgebiete dafür ausreichend vorhanden sind. Zum anderen, weil sich die Materialien selbst in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt haben.

Ehre, wem Ehre gebührt – die smart3-Community Awards 2024

Dr. Marcel Gültig (memetis GmbH) mit seinem smart3-Community Award in der Kategorie „Innovative Anwendungen mit smart materials“; © Sascha Linke
Prof. Dr.-Ing. Stefan Seelecke (Universtität des Saarlandes) mit seinem smart3-Community Award in der Kategorie „Besonderes Engagement in der smart materials-Community“; © Sascha Linke

Bestes Beispiel dafür sind die diesjährigen Preisträger der smart materials-Community Awards, die in den beiden Kategorien „Innovative Anwendungen mit smart materials“ und „Besonderes Engagement in der smart materials-Community“ vergeben wurden. In der Kategorie Innovative Anwendungen konnte die memetis GmbH die Jury überzeugen. Denn die innovativen Miniatur-Aktuatoren verhelfen dieser Werkstoffklasse nicht nur zu mehr Bekanntheit, sondern schaffen auch die Grundlage für ihren kommerziellen Durchbruch – und sind darüber hinaus auch im Weltraum im Einsatz. Für den Aufbau des Lehrstuhls iMSL – intelligent Material Systems Lab an der Universität des Saarlandes sowie seine wertvolle Unterstützung des smart3-Netzwerkes wurde Prof. Dr.-Ing. Stefan Seelecke in der Kategorie „Besonderes Engagement“ ausgezeichnet. So endete der smart materials Summit 2024 mit Applaus und der Gewissheit, dass dieses Veranstaltungsformat auch im Jahr 2025 stattfinden wird. Denn an smart materials führt langfristig kein Weg vorbei.